Mittwoch, 30. November 2016

Rubikon

Sommer 1989. Die Regionalbahn von Lüneburg nach Lübeck rattert über die Schienen. Ich halte das blaue Hollandrad mit dem roten Sattel in den Kurven fest, es ist bepackt mit meinen Habseligkeiten. Abrupt ändert sich das Geräusch der fahrenden Bahn. Der Zug überquert die Elbe bei Lauenburg.

Mir schießen die Tränen in die Augen. Zutiefst flutet mich die Erkenntnis: ich bin migriert. Bis in die tiefste Zelle sickert das Wissen. Ausgewandert. Eingewandert. 
Instinktiv weiß ich in diesem Augenblick, ich kehre nie wieder zurück in das menschenvolle Rheinland. Dessen Bewohner mir immer rätselhaft, unverständlich geblieben sind. Obwohl ich dort gebürtig bin. Obwohl meine Vorfahren mindestens seit 1648 im Umkreis von 100 km dort ansässig waren. Aus dem überfüllten Rheinland ausgewandert in die leere Weite Schleswig-Holsteins. Neue Heimat. 
Sommer 1989. Noch weiß ich nicht, dass ich fünf Jahre später erneut Heimat finde. In der menschenleeren Landschaft Mecklenburg-Vorpommerns. Doch diese Erkenntnis ist eine andere Reise. Eine andere Route, ein anderes Verkehrsmittel. Derselbe Fluss.

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